Chemikalienlager PLG in Bad Harzburg soll erweitert werden


Schutzwall für die Sicherheit der Bevölkerung nicht hoch genug – die Firma etikettiert Pestizide um – ist das legal?

Bad Harzburg. Die Firma PLG mit Sitz in Baddeckenstedt und großem Chemikalienlager in Bad Harzburg strebt nach eigenen Worten an, so etwas wie das „Amazon der Pestizide“ zu werden. Weitere Informationen zur Firma finden sich auf www.plg-mbh.de

Das Chemikalienlager in Bad Harzburg soll aktuell wesentlich vergrößert werden. Der BUND-Regionalverband Westharz hatte im laufenden Verfahren aufgedeckt, dass die in der aktuellen Genehmigung für die Firma PLG geforderte Wallhöhe zum Schutz der Umgebung bei einem Störfall jahrelang deutlich unterschritten wurde. Auch die Forderung eines vier Meter hohen Walls auf der südöstlichen Grundstücksseite – Gegenstand des Städtebaulichen Vertrags zwischen PLG und der Stadt Bad Harzburg, der die Ansiedelung dieses Störfallbetriebs der oberen Klasse im bestehenden Gewerbegebiet erst ermöglichte –, wurde nach unserer Einschätzung nie erfüllt.

Das zuständige Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig steht auf dem Standpunkt, dass der Wall aufgrund einer Hochspannungsleitung und des erforderlichen Sicherheitsabstands an der südöstlichen Seite nie hätte höher errichtet werden können. Eine Stellungnahme seitens der Stadt Bad Harzburg wurde leider hierzu noch nicht abgegeben. Unter dem Hinweis auf die zu geringe Wallhöhe hatte der Landkreis Goslar eine Schlussabnahme der Außenanlagen bisher verweigert und dem Betrieb auferlegt, nur Chemikalien in einer Menge zu lagern, die nicht unter das Störfallrecht fallen. Da diese Auflage über lange Zeit von PLG nachweislich missachtet wurde, erstattete der BUND eine Ordnungswidrigkeitenanzeige, für deren Bearbeitung wiederum das Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig zuständig ist. Kürzlich teilte das Amt dem BUND mit, dass man sich in Sachen Wall geeinigt habe. Die Schlussabnahme sei vom Landkreis Goslar nun erfolgt. Die vom BUND erstattete Ordnungswidrigkeitenanzeige werde daher nicht weiter verfolgt.

Das Amt argumentiert nun in Bezug auf die südöstliche Wallecke mit dem Vergleich des Höhenniveaus der Standorte von PLG mit der dort befindlichen Tierpension bzw. Tierarztpraxis. Da diese Tierpension niedriger liege als PLG, sei die Schutzeinrichtung eines vier Meter hohen Walls gegeben – eine sehr fragwürdige Argumentation. So kann man einen Wall auch höher machen – auf dem Papier! Größeren Abstimmungsbedarf habe es bezüglich der südwestlichen Wallanlage gegeben, die zwar in der Erstgenehmigung gefordert wurde, von PLG von Anfang an jedoch nie umgesetzt worden sei. Man habe jetzt einvernehmlich mit dem Landkreis Goslar beschlossen, dass diese Missachtung nicht geahndet wird und dass diese Nebenbestimmung gestrichen wird. Auch hier also einfach eine Aktenbereinigung statt Einhaltung der eigenen Bestimmungen!

Pestizide werden umetikettiert

Der BUND hat durch eine Akteneinsicht bei der Landwirtschaftskammer Oldenburg, die für die Überwachung der dort gelagerten Pflanzenschutzmittel zuständig ist, eine noch alarmierendere Feststellung getroffen. Fa. PLG führt im Auftrag der Eigentümer und Zulassungsinhaber der Pflanzenschutzmittel Umetikettierungen durch. Einem Aktenvermerk zufolge soll PLG dabei nicht prüfen, ob die Umetikettierung überhaupt rechtlich zulässig ist. In einem konkreten Fall, von dem die Landwirtschaftskammer Oldenburg Kenntnis erlangte, wurde Anfang 2020 von PLG der Name und das Herkunftsland eines Pestizids als Serviceleistung für den Zulassungsinhaber umgeändert. Die Landwirtschaftskammer wurde tätig und nahm eine Probe aus der betroffenen Charge von 16.000 Litern. Es stellte sich heraus, dass dieser Stoff einen neunfach zu hohen Gehalt an Lösungsmitteln hatte und nicht verkehrsfähig war. Ein Fall für die Staatsanwaltschaft, denn das Pflanzenschutzgesetz soll die Endverbraucher und die Umwelt eben vor solchen Machenschaften schützen!

Da ein regelmäßiger Informationsaustausch zwischen Gewebeaufsichtsamt Braunschweig und Landwirtschaftskammer Oldenburg nicht vorgesehen ist, hat PLG eine erweiterte Genehmigung für den vorzeitigen Baubeginn erhalten. Offensichtlich ist man sich von Seiten des Betreibers so sicher, eine Erweiterungsgenehmigung zu bekommen, dass schon der Rohbau der neuen riesigen Lagerhalle errichtet ist. Die gesetzliche Regelung, dass bei einer Ablehnung der Genehmigung der Ursprungszustand (Ackerfläche) wieder herzustellen ist, erscheint dem äußeren Betrachter als Farce.

Unser Fazit: Wir haben zunehmend den Eindruck, dass der konsequente Schutz der Bevölkerung, der Umwelt und der unmittelbaren Nachbarschaft von PLG vor Störfällen eher zweitrangig ist. Offenbar stehen wirtschaftliche und lokalpolitische Interessen im Vordergrund. Da ist es den zuständigen Behörden offensichtlich auch nicht allzu wichtig, sich an ihren eigenen Vorgaben zu orientieren und diese auch konsequent durchzusetzen.

Fotos: BUND Westharz

BUND Westharz
Dr. Friedhart Knolle
1. Vorsitzender
www.bund-westharz.de