Erinnerung an den Mauerbau vor 60 Jahren

Ein ehemaliger BGS-Beamter aus Seesen nahm in seiner Uniform an der Veranstaltung teil


Besichtigung des Führungsbunkers und Gespräch mit ehemaligen Grenzschützern

Stapelburg/Eckertal. Die Frauen-Union des CDU-Kreisverbandes Goslar hat aus Anlass des Baubeginns der Berliner Mauer vor 60 Jahren zu einer Gedenkveranstaltung an die ehemalige innerdeutsche Grenze zwischen Stapelburg und Eckertal eingeladen.

In Berlin wurde am 13. August 1961 damit begonnen, eine Mauer zu errichten. Gleichzeitig wurden die Grenzsperranlagen an der knapp 1400 Kilometer langen innerdeutschen Grenze von der Lübecker Bucht bis zum Dreiländereck bei Hof in Bayern akribisch ausgebaut.

Hätte die SED-Führung gewusst, dass im November 1989 ihre Mauer und Zäune um West-Berlin und Staatsgrenze West geöffnet werden, hätten sie den finanziellen Aufwand für die Grenzsicherung sicherlich nicht betrieben.

Begrüßung durch Susanne Herweg

Die Vorsitzende der Frauen-Union des CDU Kreisverbandes Goslar, Susanne Herweg, begrüßte 25 Gäste, die ehemaligen Grenzschützer Lothar Engler und Udo Künstel vom Bundesgrenzschutz und Helmut Gleuel vom Zoll sowie Sven Müller vom Heimatverein Stapelburg.

Bei der Einführung in das Thema „60 Jahre Mauerbau“ sagte sie, „der Mauerbau war ein Schicksalstag für uns Deutsche und die Welt. Die Teilung der Welt wurde zementiert. Zu viele Menschen flohen aus der DDR gen Westen, aber angeblich war es ja der antifaschistische Schutzwall, der den Westen hindern sollte, den Osten zu erobern. Eine Lüge, die 28 Jahre Jahre bis zum Mauerfall am 9. November 1989 hielt.“
Anschließend verlas sie das in der Presse veröffentlichte Zitat aus der Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zur Erinnerung an die Berliner Mauer.

Nach der Begrüßung berichteten die Ex-Grenzschützer als Zeitzeugen über die in ihrer Dienstzeit erlebten Ereignisse.

Erinnerungen zur Grenzöffnung von Lothar Engler

Im Herbst 1989 wurde ich für 8 Wochen mit der Führung des technischen Einsatzzuges der Grenzschutzabteilung in Goslar beauftragt.

Ein Reporter vom Radio FFN hatte am Samstag bereits um 11:40 Uhr verkündet, dass in Eckertal die Grenze geöffnet werden soll. Da diese Meldung auch von vielen DDR-Bürger gehört wurde, haben sich in in Stapelburg kurz darauf bereits viele Menschen an der Grenze eingefunden. Auch in Eckertal waren schon einige hundert Personen an der Ecker. Auf der Stapelburger Seite gab es offensichtlich unter den Soldaten der DDR-Grenztruppen ein Problem. Wie sollten sie die Schrauben der Sichtschutzwand lösen. Das war das Stichwort für Peter Röhling und seinem Schwager Norbert Heindorf. Sie hatten das entsprechende Werkzeug in ihrem Trabbi und konnten die Schrauben problemlos lösen.
Ein Element der drei Meter hohen Blechwand wurde kurz vor 16 Uhr unter den im Beisein mehrerer Grenzsoldaten unter tosendem Beifall entfernt.

Auf einer Schautafel, die am denkwürdigen Ort aufgestellt wurde, beschreibt der Stapelburger Peter Röhling eindrucksvoll dieses Erlebnis.

Außer dem Bundesgrenzschutz waren unter anderem die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Bad Harzburg mit ihren Ortswehren, das THW, der Bauhof der Stadt Bad Harzburg und Firma Bagger-Friehe im Einsatz.

In Lagebesprechungen und durch Absprachen wurden alle notwendigen Maßnahme koordiniert. Über die Ecker sind rechts neben der Eckerbrücke zwei „Behelfsbrücken“ aus Zaunfeldern gebaut worden. Über diese strömten pausenlos Menschenmassen.
Bautrupps aus Ost und West stellten am Sonntag eine provisorische Straßenverbindung über die alte Eckerbrücke her. Stromaggregate leuchteten in den Nachtstunden den Grenzübersichtspunkt aus.

Am späten Abend traf der Niedersächsische Ministerpräsident, Dr. Ernst Albrecht, in Eckertal ein. Er feierte mit Stapelburgern und Harzburgern, unter anderem Bürgermeister Klaus Homann und Stadtdirektor Horst Voigt, im Kulturhaus Stapelburg die friedliche Grenzöffnung.

Die Kraftverkehrsgesellschaft Braunschweig setzte Busse ein, um die vielen Menschen nach Bad Harzburg zu bringen, um das Begrüßungsgeld zu empfangen.

Lothar Engler betonte mehrfach, dass in Eckertal/Stapelburg die erste nicht abgesprochene Grenzöffnung an der innerdeutschen Grenze stattgefunden hat!

Erinnerungen des Zollbeamten Helmut Gleuel
Der ehemalige Zollbeamte Helmut Gleuel, der überwiegend in der Grenzaufsichtsstelle Eckertal, die zum Zollkommissariat Bad Harzburg gehört hat, seinen Grenzdienst ausübte, schilderte die Fluchtgeschichte eines Unteroffiziers der Grenzkompanie Stapelburg, der im April 1968 mit seiner Verlobten um Mitternacht über die Staatsgrenze West in der Nähe des Bahndamms unverletzt nach Eckertal geflüchtet ist. Als Dank für die freundliche Aufnahme schenkte mir der Unteroffizier seinen mitgeführten Marschkompass.
Außerdem unterrichtete er die Anwesenden über das tief gegliedertes Grenzsperrsystem zwischen Stapelburg und Eckertal, das in unterschiedlichen Zeitabständen immer undurchdringlicher ausgebaut wurde. Dazu gehörten unter anderem ein Signalzaum, der 500 Meter vor der innerdeutschen Grenze stand, Schwachstrom führte und bei Berührung Alarm auslöste, sowie Beobachtungstürme (bis Ende 1960 in Holzkonstruktion), ein Erdbunker, eine Schmucksteinmauer, ein Stacheldrahtzaun bzw. später Streckmetallzaun, eine drei Meter hohen Metallwand, eine Hundelaufanlage, ein Kfz-Sperrgraben, eine Lichtsperre und vorübergehend eine Selbstschussanlage SM 70. Vor Stapelburg wurden keine Minen verlegt.

Im Heimatmuseum Abbenrode sind Exponate und Bilder vom Grenzabschnitt im Nordharz ausgestellt.

Besichtigung des Führungsbunkers
Interessierte Teilnehmer konnten anschließend in kleinen Gruppen den Führungsbunker besichtigen. Die Führung übernahm Udo Künstel. In dem Erdbunker, der unter anderem mit Funk ausgestattet und mit dem Grenzmeldenetz verbunden war, hielt sich rund um die Uhr eine Alarmgruppe von acht bis zehn Soldaten auf. Außerdem bewachten zwei Grenzer aus der Kanzel des 11 Meter hohen Beobachtungsturms, der am 11. Dezember 1989 abgerissen wurde, die „Staatsgrenze West“.

Inzwischen wird der Führungsbunker vom Heimatverein Stapelburg betreut. Der stellv. Vorsitzende, Sven Müller, war zur Veranstaltung gekommen, um die schwere Eisentür aufzuschließen.

Weitere Gespräche Landgasthaus Eckerkrug

Nach der Bunkerbesichtigung nutzten die Teilnehmer die Möglichkeit, bei Kaffee und Kuchen weitere Fragen zu stellen, die von den Ex-Grenzschützern als Zeitzeugen umfangreich beantwortet worden sind.
Bevor Susanne Herweg, die Veranstaltung beendete, bedankte sie sich bei den Teilnehmern für ihr Interesse und bei den Ex-Grenzschützern für ihre teilweise spannend vorgetragenen Informationen.

Text/Fotos: Helmut Gleuel