Waschbären auf dem Vormarsch


Die Kreisjägerschaft Golsar berichtet über einen großen Zuwachs von Waschbären.

Bis zu neun Kilogramm könne Waschbären schwer werden. Es sind geschickte Allesfresser mit einem guten Erinnerungsvermögen. Ursprünglich in Nordamerika heimisch, wurde der Kleinbär und Verwandte wie der Marder in Mitteleuropa als Pelztier gezüchtet. In den 1930er Jahren wurden bei Kassel und Berlin einzelne Pärchen ausgesetzt. Noch 1994/95 wurden in ganz Deutschland nur 200 Waschbären erlegt in 2017/18 waren es hingegen über 170.000.
In unserer Heimat haben sich die Waschbären vor über 20 Jahren etabliert. Offenbar fühlen sie sich trotz Bejagung sehr wohl. Während vor 15 Jahren um die 150 Tiere pro Jahr im Landkreis erlegt oder vom Auto überfahren wurden, waren es in den vergangenen beiden Jahren über 550 Waschbären, teilt Kreisjägermeister Günther Heuer mit. Neugierig und anpassungsfähig wie der Waschbär ist, lebt er auch in Städten und Dörfern. Der Waschbär kann erheblichen Einfluss auf die heimische Tierwelt ausüben, wie Rainer Schlicht vom Fachbereich Bauen und Umwelt des Landkreises Goslar erläutert. Höhlenbrüter wie den Schwarzspecht oder Fledermäuse in ihren Schlafspalten erwischt der Waschbär viel geschickter als es dem einheimischen Baummarder gelingt. Auch für Bodenbrüter wie Lerche, Kiebitz und Rebhuhn kann der Waschbär eine Gefahr darstellen. Ein besonderer Leckerbissen für den Waschbären sind Frösche und Kröten. Natürlichen Feinden fällt der wehrhafte Waschbär bei uns nur ausnahmsweise zum Opfer.

Die starke Vermehrung begünstigt aber auch das Auftreten von Krankheiten. So hat die Staupe 2017/18 viele Waschbären im Raum Vienenburg befallen, wie der Tierarzt im Ruhestand Dr. Hartmut Breustedt (Weddingen) und Herrmann Fricke (Immenrode) berichten. Das Staupevirus kann auch Hunde infizieren. Darüber hinaus wurden vereinzelt halbnackte, von Räude befallene Waschbären erlegt. Eine intensive Bejagung des Waschbären hilft daher nicht nur mancher Vogelart und den Amphibien. Sie unterstützt auch die Gesunderhaltung der Waschbärpopulation. Jäger fangen den Waschbären überwiegend mit der Falle. Lediglich 20 Prozent werden bei der Pirsch, auf dem Ansitz oder bei Bewegungsjagden erlegt, schätzt der Kreisjägermeister. Mit leckeren Ködern wie Obst oder Hundetrockenfutter lässt sich der Waschbär insbesondere in sog. Kastenfallen und Betonrohrfallen locken. Diese dunklen Fallen fangen lebend unversehrt. Auf diese Weise kann sicher ausgeschlossen werden, dass geschonte Tierarten wie die Wildkatze oder der Fischotter zu Schaden kommen, erläutert der Naturschutzobmann der Jägerschaft Goslar Dr. Gunnar Breustedt. Diese Tiere werden vom Jäger wieder aus der Falle entlassen, während Waschbären erlegt werden. Die Fallen sind mit einem elektronischen Melder versehen, der den Jäger per SMS benachrichtigt, wenn die Falle ausgelöst wurde. Ohne solche Melder muss eine Falle zwei Mal am Tag kontrolliert werden.
Der Landkreis Goslar unterstützt einige Jagdreviere im Vorharz mit Mitteln des Landes Niedersachsen. Den Jägerinnen und Jägern wurden 10 große Fallen zum Fang der Waschbären im Zuge eines Pilotprojektes, das der Landschaftspflegeverband Goslar koordiniert, zur Verfügung gestellt. Das Ziel ist, diese invasive Art zurückzudrängen, um insbesondere in für den Naturschutz ausgewiesenen Gebieten seltenen Höhlenbrütern und Amphibien zu helfen. Rainer Schlicht erläutert: „Waschbären sind vordergründig putzige Tiere und wirken sympathisch, aber sie sind problematisch für die heimische Tierwelt.“ Er bittet daher: „Wenn Sie im Gelände auf eine Falle stoßen, machen Sie bitte einen Bogen darum herum. Wir sind froh und dankbar, dass die Jägerschaft bedrohte Arten schützt, indem sie den Waschbären verfolgt.“

Fotos: Tim Böstge