Aktionswoche Artenvielfalt des Landesverbandes Erneuerbare Energie (LEE)


Vom 12. bis 18. Juli fand bundesweit die Aktionswoche Artenvielfalt statt

Gemeinsam mit Imkern und Jägern, Naturschutzverbänden, Blühflächen-Projekten und Verbänden zeigt der Landesverband Erneuerbare Energie (LEE) Niedersachsen-Bremen, dass Artenvielfalt und Biogas keinen Widerspruch darstellen. In diesem Jahr war Christian Rehse, Geschäftsführer der Biogasanlage REGO GmbH & Co. KG, der Gastgeber.
Christian Rehse konnte Sylke Weyberg, Geschäftsführerin der LEE, Lars Günsel Pressesprecher vom LEE, Dr. Sarah Gehrig, Mitglied des Präsidiums Fachverband Biogas und Regionalgruppensprecherin sowie Christian Scherb, Vorstandsmitglied beim Landvolk Braunschweiger Land begrüßen.

Die Biogasnutzung bietet die Chance, dass die Felder langfristig wieder bunter und artenreicher werden und gleichzeitig ein wertvoller Lebensraum für Wildtiere und Insekten entsteht. Auf Christian Rehses Flächen, des angegliederten landwirtschaftlichen Betriebes, wachsen neben den üblichen Marktfrüchten und Energiepflanzen, auch Honigbrachen, bestehend aus 29 verschiedenen Arten, Blühstreifen, Kulturpflanzengemenge aus Getreide und Erbsen und die Durchwachsenen Silphie. Auf der besichtigten Fläche fanden sich zahlreiche fliegende und krabbelnde Insekten, die einen reich gedeckten Tisch vorfinden. Diese unzähligen Käfer und saugenden Insekten tummeln sich das ganze Jahr über auf diesen Flächen, die Rehse extra für sie angelegt hat. „Mit solchen Flächen unterstützen wir die heimische Tierwelt, denn ihr Erhalt liegt uns am Herzen. Die blühenden Flächen werden teilweise abgeerntet und anschließend in unserer Biogasanlage verwertet. Es werden aber nicht alle Flächen beerntet, auf einem Großteil verbleibt der Aufwuchs auf den Feldern bis in den Spätherbst hinein und bietet der Tierwelt Schutz und Nahrung“, so der Geschäftsführer der Biogasanlage REGO GmbH & Co. KG.

Inzwischen gehen immer mehr Landwirte und Biogasanlagenbetreiber in Niedersachsen dazu über, Ackerflächen mit Blühpflanzen anzulegen, um die heimische Tier- und Pflanzenwelt zu unterstützen und um dem Artensterben zu begegnen. Dieses Ziel wird aber auch durch eine große Anbaudiversität von Nutzpflanzen unterstützt, so Rehse. Wir erreichen das in unserem Betrieb durch eine weite viergliedrige Fruchtfolge, die sich aus zwei Winterungen und zwei Sommerungen zusammensetzt, die jeweils über Winterzwischenfrüchte „verbunden“ werden. Um erfolgreich wirtschaften zu können, müssen die Anlagenbetreiber beim Einsatz von Blühpflanzen auf eine angemessene Vergütung achten. Daher begrüßt der LEE die finanzielle Förderung des Anbaus mehrjähriger Wildpflanzenkulturen zur Biomasseproduktion durch das Land Niedersachsen. Dies gleicht die im Vergleich zu Mais deutlich geringeren Methanerträge pro Hektar teilweise aus.

Doch trotz großen persönlichen Engagements läuft es für die niedersächsische Biogasbranche zurzeit nicht rund. Während Käfer und Bienen ein neues Habitat besiedeln, stellen sich viele Biogasanlagenbetreiber in Niedersachsen die Frage, wie es für sie in den in nächsten Jahren weitergeht. „Es ist 5 vor 12 in der Biogasbranche, denn es fehlen die Perspektiven, wenn die Anlagen nach 20 Jahren nicht mehr nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz gefördert werden. Ob wir dann noch wirtschaftlich weiterarbeiten können, ist die große Frage. Unser Vertrauen in die Politik geht verloren. Viele Anlagenbetreiber werden den Betrieb einstellen müssen, so Rehses Prognose. „Aktuell sehen wir kein Licht am Ende des Tunnels. Die Politik stellt sich nicht konsequent hinter den Weiterbetrieb und Ausbau der Anlagen. Unter diesem Bedingen nehmen viele Betreiber kein Geld mehr für Investitionen in die Hand. Biogas kann zur Zwischenspeicherung und für den Transport die bereits vorhandene Infrastruktur des Gasnetzes nutzen. Eine energetisch aufwändige, teure und CO2 belastende Umwandlung von Strom in Methan oder Wasserstoff entfällt und ist nicht erforderlich. Aus dem Gasnetz heraus, könnte diese Energieform effizient und auch günstig – über KWK-Anlagen oder mobil – sehr sinnvoll genutzt werden“, so Rehse weiter. Auch volkswirtschaftlich ist der zu erwartende Rückbau der Anlagen ein Desaster: Mit Bundesmitteln wurde über Jahrzehnte eine verlässliche Regenerative-Energien-Infrastruktur geschaffen, die mit dem Ende der EEG-Förderung schlagartig aufgelöst wird. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben wird Kapital vernichtet.

Silke Weyberg, LEE-Geschäftsführerin, ergänzt: „Als Landesverband begrüßen wir die Förderung von Blühpflanzenprojekten. Doch darf das Thema nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir es gleichzeitig mit einem schleichenden Sterben der Biogasbranche zu tun haben. Konkrete genehmigungsrechtliche Hürden durch Land und Bund nehmen den Biogasanlagen die Perspektive. Ein Desaster für die Energiewende, gerade im Hinblick auf den Ausgleich der volatilen Erneuerbaren, der Wärme und der Schwerlastmobilitätsbereich.
Anschließend gab es einen Rundgang über die Biogasanlage, die im November 2005 in Betrieb genommen wurde. Insgesamt sind 1.767 kW installierte elektrische Leistung mit vier Blockheizkraftwerken (BHKW) vorhanden, davon stehen zwei auf der Biogasanlage und zwei bei Firma Hinrichs, die den Betrieb mit Wärme versorgen. Etwa 40% Leistungsreserve stehen für einen flexiblen Anlagenbetrieb und je nach Bedarf im Stromnetz, an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung. Bei dieser flexiblen und bedarfsgerechten Fahrweise wurden in 2020 durchschnittlich 1.092 kW elektrischer Leistung pro Stunde eingespeist. Der Substratbedarf beträgt etwa 16.000 t im Jahr, Substrate sind Silomais, Rüben, Energiegetreide, Pflanzengemenge, durchwachsener Silphie und Blühflächen. Auf den Ackerflächen im Landkreis Goslar, wachsen etwa 8% Silomais zur Energiegewinnung und sechs Biogasanlagen befinden sich im Kreisgebiet Goslar.