Chronik für Lengde

Vor zehn Jahren macht Klaus Gehmlich in Lengde mit Besuchern eine „Zeitreise“.


Vom 6. bis 9. Juni 2024 feiert die Ortschaft Lengde ihren 850. Geburtstag

Gleichzeitig feiert die Ortsfeuerwehr ihr 100-jähriges Jubiläum. Nun schreibt Klaus Gehmlich an der Chronik von Lengde und bearbeitet gerade die Familiennamen, die teilweise seit dem 17. Jahrhundert durchgehend in Lengde vorkommen und versucht sie auch zu deuten.

Vom Landeskirchenamt in Wolfenbüttel hat Klaus Gehmlich freundlicherweise die Transscription eines Kirchenbuches von Lengde erhalten. Hier sind Taufen, Eheschließungen und Beerdigungen vor allem aus dem 18. Jahrhundert enthalten. Die Eintragungen nahm der jeweilige Pfarrer vor. Zur Taufe reisten die Paten, die damals „Gefatter“ genannt wurden, aus der gesamten Region an.

Neben den bekannten Namen wie Johann, Heinrich oder Andreas bei den Jungen, Magdalena, Dorothea oder Ilse bei den Mädchen, tauchen in jener Zeit bei den Mädchen Ilsebee, Ilsche oder Lateia auf, bei den Jungen Tike, Achatz und Henni. Es wurde streng getrennt nach ehelich und unehelich gezeugten Kindern. Letzteres wurde klar benannt: „uneheliges Söhnlein“ oder „ihr Hurkind taufen lassen“ oder „in Unehre gezeugt“. Oder die Eltern wurden als „Stuprator“ (Schänder) und „Stuprata“ (Geschändete) bezeichnet.

Bei den Trauungen ist eine erstaunliche Mobilität zu beobachten

Lengder Junggesellen holten sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ihre Frauen aus Schlewecke, Immenrode, Wiedelah, Hahndorf, Bredelem oder von der Harzburg. Lengder Bräute holten sich Junggesellen zum Beispiel aus Alt Wallmoden, Harlingerode, Dörnten, Groß Döhren, Westerode oder von der Vienenburg. Die Versorgung hat wohl in vielen Fällen eine Rolle gespielt. Manche Heirat wurde vollzogen, nachdem Vater oder auch Mutter den Hof übergeben hatten, Witwer nahmen unversorgte Jungfern zur Frau.

Dabei ist festzustellen, dass Ackermänner selten auswärtige Mädchen heirateten. Und auch hier spielte die Keuschheit wieder eine große Rolle. Die jungfräuliche Braut heiratete „im Kranze“, das heißt mit geschlossenem Myrtenkranz, oder ließ sich „im jungferlichen Tuch“ trauen. Sonst hieß es „mit seiner deflorata“ oder „indem sie vorher in Unzucht gelebt“ oder nach der Geburt des 1. Kindes „6 Wochen nach der Hochzeit geboren“.

Verstorbene wurden in dem Ort begraben, in dem sie gestorben waren. Ein Lengder, der in der Gemarkung von Harlingerode gestorben war, wurde auch dort begraben und nicht etwa nach Lengde gebracht. Auf der Durchreise befindliche, die in Lengde verstarben, wurden auch hier begraben. Leider ist in den vorliegenden Kirchenbüchern selten festgehalten, woran die Menschen gestorben waren. Zwischen Mai und August 1766 sind 12 Kinder gestorben. vermutlich an den Blattern.

Schon 1712 werden Blattern und Pocken häufig als Todesursache genannt

Auch von Unfällen berichten die Bücher, allerdings viel weniger, als sich in den Kirchenbüchern anderer Dörfer finden ließ. Katholiken und Protestanten scheinen im 18. Jh. ein gutes Verhältnis gepflegt zu haben. Kinder hatten auch katholische Paten und Kinder von Katholiken wurden vom ev. Pfarrer getauft.

Klaus Gehmlich hat viele Jahre lang seine Großeltern in den Sommerferien in Lengde besucht, sein Onkel Alfred war viele Jahre Bürgermeister. Gewohnt hat er nur während seiner Studienzeit in Lengde. Seit 1985 wohnt er in Elbingerode bei Osterode, er ist nun Rektor i.R. und hat so um die 30 Bücher geschrieben, darunter Dorf- und Vereinschroniken.

Über die Landkreise Osterode und Northeim hat er als Heraldiker Wappenbücher geschrieben

Besonders hat er sich weiter mit der Flurnamen-Forschung beschäftigt und die Flurnamen im Altkreis Osterode, von Northeim bis Seesen kartiert und erklärt. Die neuesten betrafen die Dörfer „Auf dem Berge“ von Einbeck und Langelsheim. In letzter Zeit widmet er sich den Dorfplätzen in Niedersachsen. Der Band für die Altkreise Goslar und Gandersheim ist in Arbeit. Bildbände wurden für mehrere Dörfer veröffentlicht, gerade erst über Lengde. An weiteren Büchern hat er als Geograf und Heimatforscher mitgewirkt.