Landsmannschaft der Schlesier löst sich auf

Landsmannschaft der Schlesier

Seit Jahresbeginn hat sich mit der Landsmannschaft der Schlesier ein weiterer Verein in Vienenburg aufgelöst, bis zuletzt gehörten noch 20 Mitglieder der Landsmannschaft an

Wie der 1. Vorsitzende Josef Stein berichtete, haben alle Mitglieder ein hohes Alter erreicht und es fehlt an Nachwuchs. Ein zweiter Grund ist, das seit November 2020 das Stammlokal „Germania Quelle“ durch die Besitzer Gerda und Werner Tezzele geschlossen wurde. Außerdem konnte seit Februar 2020 wegen der Corona-Pandemie zu keiner Veranstaltung mehr eingeladen werden.

Der 1. Vorsitzende gab noch einmal einen Rückblick, wie es damals zu der Vertreibung kam

Landsmannschaft der Schlesier
Josef Stein blättert in alten Erinnerungen im Januar 2022

Kurz vor dem Ende des 2. Weltkrieges standen die Russen vor Königsberg. Um ihr Leben zu retten, mussten 2 Millionen Ostpreußen, 2,5 Millionen Westpreußen, 1,8 Millionen Pommern, 3 Millionen Sudetendeutsche sowie 4,5 Millionen Schlesier flüchten oder wurden vertrieben. Mitte März 1946 begann die Vertreibung.

Für den damals 11-jährigen Josef Stein ging es am 19. März 1946 mit der Mutter und sieben Geschwistern zu Fuß von Wölfelsgrund nach Mittelwalde. „Im Zug mit 43 großen Viehwaggons, mit je etwa 50 Personen, ging es bis Breslau“, so Josef Stein.

In Dresden wurde der Zug geteilt, weiter ging es nach Erfurt, hier hatten sie vier Tage Aufenthalt mit Entlausung. In SZ-Immendorf erfolgte die Registrierung und nach einer Woche Aufenthalt ging es am 4. April in das Lager auf den Vienenburger Schützenplatz. Es gab jeden Tag Steckrübensuppe. In Vienenburg war der damalige Bürgermeister Carl Fricke für die Verteilung zuständig. Dann ging es weiter nach Wehre, Lochtum, Immenrode, Wiedelah oder Lengde.

In vielen Ortschaften kam es zu Spannungen zwischen Einheimischen und Flüchtlingen

Die Gemeinden hatten derzeit nur Notverwaltungen und es fehlten die Ansprechpartner. In den Gemeinden hatten sich kleine Verbände landsmännischer Art gegründet, teilweise illegal, da die Militärregierung sämtliche Zusammenschlüsse verboten hatte.
Die Gründung der Landsmannschaft und Arbeitsgemeinschaft der Flüchtlinge konnte erst am 19. September stattfinden. Ein offizieller Zusammenschluss war aber erst im Jahre 1948 möglich. Als 1. Vorsitzender wurde Dr. Bernhard Hill (Vienenburg) und als 2. Vorsitzender Ernst Rohde (Immenrode) gewählt.

In den Zusammenkünften versuchten die Nachkommen durch Sketche, Gedichte und Lieder in Mundart das ostdeutsche Brauchtum und Kulturgut der verlorenen Heimat zu erhalten und zu vermitteln. Am 21. September 1948 wurde der Bund der Vertriebenen gegründet. Als Geschäftsstelle des Kreisverbandes wurde das Haus in der Brückenstraße 6 ausgewählt.

Der Kreisverband hatte zu Spitzenzeiten 1960 insgesamt 1800 Mitglieder, im Jahre 1978 waren es nur noch 624

So fanden Veranstaltungen 1977 zum Tag der Heimat im DGH Othfresen oder in der Vienenburger Stadthalle sowie ein Erntefest oder eine Johannisfeier in Schladen vor 400 Besuchern statt. Bis vor zehn Jahren wurde in Schladen noch zum „Tag der Heimat eingeladen“.

Unter dem Motto „70 Jahre Vertreibung aus Schlesien“ wurde im Mai 2016 ordentlich gefeiert. Die Veranstaltung lockte noch einmal über 60 Interessierte aus dem ganzen Landkreis Goslar und Wolfenbüttel zur Erinnerungsfeier in die „Germania Quelle“.

Es wurde in den vergangenen Jahren immer zu monatlichen  Kaffee und Kuchen-Nachmittagen eingeladen. Höhepunkt war immer die Faschingsfeier mit anschließendem Mettwurstessen. Auch die Weihnachtsfeiern waren immer gut besucht, zu allen Veranstaltungen kamen auch immer Nichtmitglieder hinzu. Anfang Mai wurde immer eine beliebte Frühlingsfahrt mit dem Bus organisiert. Viele Schlesier, die damals ihr Hab und Gut verloren hatten, fuhren regelmäßig nach Schlesien in die alte Heimat. Eine Busfahrt dauerte immer um die zehn Tage, sie führte über das Riesengebirge, Hirschberg, Krakau, Breslau nach Bad Altheide.

Landsmannschaft der Schlesier
Erwin Gottwald und Richard Daubner seit 1954 Mitglied

Zu den ältesten Mitgliedern zählen Richard Daubner und Erwin Gottwald, beide traten 1954 in Wiedelah ein, auch Marie-Luise und Josef Stein gehören knapp 40 Jahre und Inge Sauer knapp 30 Jahre der Landsmannschaft an.