Auf den Tag genau vor 150 Jahren, am 5. Dezember 1870, wurde das Nordzucker AG Werk in Schladen gegründet
„Mit einem Mitarbeiterfrühstück vor einem Jahr wurde sich auf das Jubiläumsjahr eingestimmt. Aber die Corona Pandemie ist auch an uns im Werk nicht ganz vorbeigegangen“, so Werkleiter Dr. Jörg Vietmeier, bei seiner Begrüßung für die 30-minütige Feierstunde.
In kleiner Runde mit Abstand und Hygieneregeln konnte er im Außenbereich vor dem Werk den Bürgermeister der Gemeinde Schladen-Werla Andreas Memmert, den Produktionsverantwortlichen Arend Wittenberg und Betriebsratsvorsitzenden Ralf Koppe begrüßen.
Der Werkleiter erinnerte noch einmal an die Gründung, die in einer Chronik aus dem Jahr 1970 zum 100. Jubiläum des Werkes erstellt wurde
Mit einem Kapital von 120.000 Thalern in 80 Aktien zu je 1.500 Thalern, gezeichnet von 45 Landwirten, fand die Eintragung der neuen Gesellschaft Aktien-Zuckerfabrik Schladen im Handelsregister des Amtsgerichtes Wöltingerode statt. Eine Aktie verpflichtete zum Anbau von 15 Morgen Rüben. Die ersten Jahre waren turbulent und danach regierte schon der Weltmarkt. In der ersten Kampagne wurden auf insgesamt 344 Hektar etwa 8.200 Tonnen Rüben geerntet und ans Werk geliefert.
Erfolge und Rückschläge vereinten die Jahrhundertwende. „Der Druck des Weltmarktes, Kriege, die spanische Grippe 1918/1919, Wirtschaftskrisen“, schnitt Vietmeier einige Themen an. 1950 war dann ein Jahr der Umstrukturierung. Stillgelegte Werke, die Produktion umgelagert. Kapazitäten wurden unter anderem in Schladen gebündelt – und das bis heute.
Ein wesentlicher Meilenstein sei 1978 die Umstellung von Rohzuckerproduktion auf die Erzeugung von Weißzucker gewesen. „Investitionen folgten in die Errichtung von Silos, neue Anlagen für die Dampf- und Elektroenergieerzeugung und die Erweiterung der Kristallisation (Zuckerhaus)“, erinnerte sich Vietmeier, der die fünfte Kampagne leitet. Als Betriebsingenieur war er schon zehn Jahre tätig.
Mit dem Bau der Umgehungsstraße erhielt die Fabrik 2001 eine eigene Anbindung – ein Meilenstein
Memmert: „Dadurch konnte der Verkehr im Ort erheblich entlastet werden, es wurde eine 320 Meter lange Brücke mit eigenem Anschluss gebaut.“ Nur durch die enge Zusammenarbeit der Behörden und Gemeinde sei dies gelungen.
2004 folgte dann ein grundlegender Umbau. Anlagen aus der stillgelegten Zuckerfabrik Schleswig wurde umgesetzt und ergänzten im Schladener Werk den Rübenhof.
Seit 2017 werden in Schladen auch erstmalig ökozertifizierte Rüben zu Biorüben verarbeitet, jedes Jahr hat sich die Produktion verdoppelt.
Auch Umweltthemen werden bei Nordzucker eine große Bedeutung haben und setzen sich Klimaziele. „Wir wollen bis 2050 CO2-frei werden“, so der Werkleiter. „Das Verhältnis zur Bevölkerung, zu Mitarbeitern und zur Gemeinde sei sehr gut, weshalb es so gut wie keine Beschwerden gebe. Er verdeutlichte: „Schladen liebt seine Zuckerfabrik und die Zuckerfabrik liebt Schladen.“
„Ich rieche gerne den Rübenduft“, verriet Memmert
„Der damalige Gemeindedirektor Manfred Leeker sagte einmal: Man hat eigentlich nicht mehr bemerkt, dass eine Großfirma im Ort ist, so gut passe sie sich ins Bild ein, kein LKW fährt durch den Ort“, so Memmert. Er zeigte sich überglücklich: „Es ist extrem selten, das Unternehmen auf den Tag genau ein Jubiläum feiern können.“
Man merkte, dass er eine tiefe persönliche Verbindung zur Zuckerfabrik habe. In jungen Jahren hat er selbst Rüben nach Schladen gefahren. „Der Standort wurde größer und größer“, sagte Memmert. Jetzt werde 100-mal so viel pro Tag wie noch vor 150 Jahren produziert. Mehr als 1,3 Millionen Tonnen Rüben werden in dieser Kampagne verarbeitet, allein 11.000 Tonnen Zuckerrüben sind es täglich. Alle fünf Minuten kippe ein LKW ab. Nur noch etwa ein Prozent der Rüben werden mit dem Trecker angefahren.
Es gibt auch einen Bahnanschluss, leider hat die Bahn zu hohe Preise.
Etwa 48 Stunden sind es vom Beladen des Förderbandes mit dem Bagger, bis die Rübe einen gut zwei Kilometer langer Prozess durchläuft. Nach der Anlieferung werden sie gewaschen, geschnitten, erhitzt, gekocht, das Wasser entzogen und kristallisiert. Es werden 1300 Tonnen Zucker pro Tag produziert. Die zusätzlich pro Tag anfallenden 600 Tonnen Dicksaft werden nach Klein Wanzleben gebracht und zur Herstellung von Bio Ethanol verwendet.
Arend Wittenberg erinnerte an die industrielle Revolution
„Wir haben eine Mannschaft, die das Werk voranbrachte. Darauf sind wir stolz“, dankte er. Leider kam es, dass Nordzucker in den vergangenen Jahren trotzdem rote Zahlen schrieb. „Das hat sich aber wieder gebessert“, sagte er. Betriebsratsvorsitzender Ralf Koppe ergänzte, dass 220 Menschen inklusiv der Azubis Arbeit finden, jedoch weit über 10.000 Menschen wirtschaftlich vom Standort abhingen.
Die Corona-Lage forderte ihnen allen viel ab. „Alle sind diszipliniert und die Abläufe wurden geändert. Wir nutzen alle Funkgeräte“, sagte Koppe. Für die LKW Fahrer wurde extra ein Toilettencontainer im Außenbereich aufgestellt.
Seit Mitte September läuft die Kampagne und dauert noch bis etwa Mitte Januar. Bis dahin wird sieben Tage die Woche im Dreischichtbetrieb gearbeitet. Das ehrgeizige Ziel aller vier Teilnehmer: „Nordzucker Schladen soll bester Standort in Europa werden – ein Premiumstandort. Und alle werden dafür sorgen, dass es hier noch lange raucht.
In diesem Jahr wurden keine Betriebsbesichtigungen wegen der Corona-Pandemie angeboten. In der kommenden Kampagne soll dieser beliebte Service wieder aufleben.
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